Inhaltsverzeichnis
- Kurze Einführung in die Elektronenstrahl-Materialbearbeitung
- Geräte-Eigenschaften
- Vorteile des Elektronenstrahlschweißens
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- Dicke Querschnitte
- Dünne Querschnitte
- Anwendungsbeispiele
- Innovative Prozessvarianten
Einführung
- Der Elektronenstrahl ist essentiell ein Strom von sich sehr schnell bewegenden Elektronen, die von einer beheizten Kathode ausgestoßen werden.
- Die beheizte Kathode besteht traditionell aus Wolfram mit 3 % Rhenium.
- Sie wird auf 2500°C aufgeheizt, so dass Elektronen austreten.
- Ohne das Anlegen einer Beschleunigungsspannung würden die Elektronen in der Nähe der Kathode bleiben.
- Wenn eine Beschleunigungsspannung angelegt wird, werden sie von der mit einem Loch versehenen Anode angezogen werden. Sie werden durch das Loch zum Werkstück hin beschleunigt.
- Ein Trioden-Aufbau mit einer Anode und einer Kathode sowie einer Beschleunigungsspannung wird eingesetzt. Ein Set von [elektromagnetischen] Fokussierlinsen fokussieren den Strahl, so dass er
mit hoher Intensität auf das Werkstück auftrifft, was zum Verschmelzen und zur Verdampfung führt.
- Generell ist die Intensität des Elektronenstrahls umso größer, je größer die Beschleunigungsspannung gewählt wird, was zu tieferen Eindringtiefen beim Erstellen von Schweißungen führt.
- Aufgrund Penetrationsmechanismen wird anfangs eine geringe Leistung eingesetzt. Die Leistung wird erhöht, sobald das erste Material schmilzt. Sobald der durch Elektronenstrahl erzeugte
Metalldampf ein Keyhole genanntes Loch geschaffen und stabilisiert hat kommt es erst zum partiellen und spätere zum vollständigen Durchdringen des Werkstücks. Es gibt eine flüssige Säule von
Metall um das durch den Dampf erzeugte Keyhole.
Industrieller Einsatz der Elektronenstrahl-Materialbearbeitung
- Pro Jahr werden etwa 120 Elektronenstrahlschweißanlagen verkauft und in Betrieb genommen. Die Hauptanwendung ist meist das Schweißen.
- Pro Jahr werden außerdem ungefähr 30 Elektronenstahlanlagen für das Additive Manufacturing verkauft.
- Die sekundären Anwendungsmöglichkeiten der Elektronenstrahlschweißmaschinen sind vielfach:
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- Materialerhaltende Verfahren
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- Wärmebehandlung
- Kosmetische Materialbearbeitung
- Oberflächen-Materialbearbeitung
- Oberflächen-Beschriftung
- Oberflächen-Textur
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Surfi-Sculpt®
- Vakuum-Umschmelzen
- Abtragende Verfahren
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- Bohren
- Schneiden
- Micro-Materialbearbeitung
- Additive Verfahren
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- Drahtbasiert
- Pulverbasiert
Elektronenstrahlschweißmaschinen
- Am TWI gibt es verschiedene Elektronenstrahlschweißmaschinen. Die neuesten sind wie folgt:
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- 150kV / 60kW (oder bis zu 100 kW) mit 3 x 3 x 4 m großer Vakuumkammer
- 60kV / 4 KW für 15-20 mm Eindringtiefe
Vorteilhafte Prozesseigenschaften
- Vakuum (10-3 mbar und weniger)
- Sauber (keine Oxidation)
- Tiefe und schmale Schweißungen
- Schmale Wärmeeinflusszone
- Hohe Elektronenstahl-Ablenkgeschwindigkeiten (500m/sec)
- Geringer Wärmeeintrag
- Geringer Verzug
- Hohe Schweißgeschwindigkeit (30 m/min und mehr)
- Gute Zugänglichkeit (2 mm breiter Zugang erforderlich)
- Autogen (falls gewünscht auch mit Zusatzmaterial)
Schweißbare Werkstoffe
- Sehr geeignet für
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- Materialmischverbindungen (unterschiedliche Legierungen oder unterschiedliche Werkstoffe)
- Reaktionsfreudige Werkstoffe (Ti, Zr, Mg)
- Schwer schweißbare Werkstoffe (Cu, HSS)
- Außerdem für Ni, W, Ta, FeC (Stähle), Al und viele andere
- Im Vakuum können alle schmelzbaren und gießbaren Werkstoffe mit dem Elektronenstrahl bearbeitet werden mit Ausnahme von:
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- Volatilen Werkstoffen wie Messing und Cadmium
- Ausgasenden Werkstoffen wie Gusseisen, Gussaluminium und teildeoxidizierten Stählen (partially killed steels)
- Schmutzigen Werkstoffen wie Schnellarbeitsstahl und Stählen mit hohem Schwefel- oder Phosphoranteil
Magnetische Werkstoffe
Anwendungsbeispiele (typischerweise 0,1 bis 200 mm Wandstärke)
- Dicke Querschnitte
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- 30 mm dicke Mischverbindung aus unterschiedlichen Nickellegierungen mit über 500 mm Schweißgeschwindigkeit in einer Lage statt 20 WIG-Lagen ohne der fürs Lichtbogenschweißen
erforderlichen V-förmige Schweißnahtvorbereitung
- Dickwandige LM25 Aluminium-Silizium-Sandgusssteile mit Gaseinschlüssen mit auf etwa 10-1 mbar reduziertem Druck in der Schweißkammer und Vakuum in der Elektronenstahlkanone
(Elektronenstrahlerzeugungskammer)
- Rißreparatur mit Pufferlagen aus Alloy-82 in wärmebeständige Nickel-Chrom-Legierung für ein Superplastic-Forming-Werkzeug
- Dünne Querschnitte
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- Titan- und Aluminiumschweißen mit unterschiedlicher Deflektion und Fokussierung
- 1,45 mm dickes Inonel 718
- Mikro-Elektronenstrahlmaterialbearbeitung, z.B. in 0.05 mm dicken Folien oder zum Schneiden von keramischen oder diamantartigen Werkstoffen
Typische industrielle Anwendungen
- Getriebeteile im Automobilbau (Zahnräder) mit optimierten Ermüdungseigenschaften
- Turbolader mit Modellierung des Wärmeeintrags (Vorwärmen vor dem Schweißen, Twin-Tandem-Welding mit zwei Elektronenstrahlquellen, Twin-Split-Beam mit aufgeteiltem Zwillingsstahl) zur
Minimierung der Eigenspannung auch in schwer schweißbaren Nickel-basierten Superalloys
- Ti-6Al-4V- oder Aluminium-Druckbehälter für Motorsport-Anwendungen
- Satelliten-Schubdüsen für die European Space Agency
- Metall-Kunststoff-Verbindungen in Antriebswellen durch Surfi-Sculpt®
- Gasdichte, rissfreie Mischverbindung zwischen 316L-Edelstahl und Kupfer mit 3,5 mm Eindringtiefe
- Tube Sheet Joints für Wärmetauscher
Innovative Materialbearbeitung
- Schweißen dicker Wandstärken außerhalb der Vakuumkammer im Rahmen des Grundlagenforschungsprogramms 2016 (Core Research Programme 2016)
- Drahtbasiertes Additive Manufacturing
- Hochgeschwindigkeitsschweißen mit circa 50 m/min oder 100 m/min
- Rissfreie Schweißungen in Aluminium 2014 ohne Zusatzwerkstoff
- Horned Pre-Moderator aus drei Einzelteilen für die ISIS Target Station 2
- W-EBAM (wire-fed electron beam additive manufacturing): Drahtbasierte generative Fertigung mit dem Elektronenstrahl z.B. für Ti-6Al-4V
- Comeld-Verbindung von rostfreiem Stahl 316L mit faserverstärkten Polyester-Verbundwerkstoffen
- Wärmebehandlung mit defokussiertem Elektronenstrahl z.B. zum Härten oder Anlassen
Ab 44:00 min erfolgte die Beantwortung von während dem Webinar gestellten Fragen, die hier nicht wiedergegeben wird.
Hauptbestandteile der Schweißmaschine sind:
- Benutzerschnittstelle (Mensch-Maschine-Schnittstelle)
- Vakuumkammer
- Vakuumpumpen und Hochspannungs-Energieversorgung
- Strahlquelle (Elektronenkanone)
Die Luft wird aus der Kammer abgesaugt. Die Strahlquelle besteht aus folgenden Elementen:
- Kathode
- Bias (Wehneltzylinder)
- Anode
Der Elektronenstrahl tritt durch die Austrittsöffnung aus der Strahlquelle und durchläuft die elektromagnetische Linse und die Ablenkspule bevor er auf die Werkstücke trifft, die geschweißt
werden sollen.
Die Wärmestrahlung, Verdampfung und Röntgenstrahlung werden durch die vakuumdichte Kammer abgeschirmt. Eine Schlüsselloch-förmige Dampfkapillare (Keyhole) wird erzeugt. Der Elektronenstrahl wird
von geschmolzenem Material umgeben. Bei seiner Erstarrung entsteht die Schweißnaht. Sie besteht aus der Decklage, dem erstarrten Schweißgut und der Schweißnahtwurzel. Daneben liegen die
Wärmeeinflusszone und das Grundmaterial.
Nach einem Besuch der Hauptverwaltung von Woodside Energy im australischen Perth, bei dem während eines Meetings besprochen wurde, mit welchen Schlüsseltechnologien das TWI die Wertschöpfung bei
Woodside Energy steigern könne, wurde das vollautomatisierte Schweißen von Unterwasserpipelines als Projektvorschlag ausgesucht.
Die Arbeitslöhne für Schweißer in Australien sind zurzeit die höchsten der Welt - sie sind nahezu unerschwinglich teuer. Daher lud das industrielle Mitglied Woodside Energy seine Zuliefererkette
zu einer Veranstaltung am TWI ein, bei der nach einer Lösung für dieses Problem gesucht wurde, die als "The Grand Challenge" bezeichnet wurde.
Bei dieser Veranstaltung wurde Reduced Pressure Electron Beam Welding als bester Technologie-Kandidat ausgewählt, um innerhalb von zwei Minuten eine Schweißung in einer Pipeline mit einem
Durchmesser von 42 Zoll (1067 mm) zu produzieren. Nach dem großen Erfolg dieser Veranstaltung, sollen ähnliche Veranstaltungen auch für andere industrielle Mitglieder des TWI durchgeführt werden.
Für in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz ansässige Unternehmen sind weitere Informationen über die diesbezüglichen Aktivitäten am TWI sowie zur Beratung durch TWI-Experten beim Einsatz
des Elektronenstrahlschweißens von AluStir verfügbar.
Bitte kontaktieren Sie uns per Telefon (+49 6024 636 0123) oder E-Mail (stephan.kallee@alustir.com).