Kompliente Systeme können in Vorrichtungen für die Lasermaterialbearbeitung eingesetzt werden, um Toleranzen der Bauteile sowie Positionierungsungenauigkeiten des Strahlführungsroboters
auszugleichen.
Als kompliente Systeme werden Einrichtungen bezeichnet, die bei der Montage Positionsfehler zwischen den Fügepartnern durch nachgiebiges Ausweichen in definierte Richtungen aufgrund der
Kontaktkräfte ausgleichen. Der Begriff leitet sich vom englischen Wort compliance (Nachgiebigkeit) ab [SCHU 89,3]. In der Lasermaterialbearbeitung können sie für die mechanische relative
Positionierung des Strahlwerkzeugs zu den Werkstücken und der Bauteile untereinander eingesetzt werden.
Synonym kann der Begriff Ausgleichsmechanismus verwendet werden, der strenggenommen nur die Nutzung mechanischer Wirkprinzipien beschreibt. Ein Mechanismus zum passiven Toleranzausgleich ist beispielsweise das RCC-System (remote center compliance), das durch mechanische Elemente aus Federstahl oder Elastomeren begrenzte Positionsfehler entlang einer bestimmten Ebene und Winkelunterschiede um einen festgelegten Drehpunkt ausgleichen kann [HESS 92,48].
Kompliente Spannvorrichtungen haben mindestens einen unbestimmten Freiheitsgrad. Sie bestimmen das Werkstück kinematisch nicht und sind daher nicht identisch mit elastischen Spannvorrichtungen, die Werkstücke kinematisch bestimmt spannen, indem sie alle 6 Freiheitsgrade des zu spannenden Körpers binden. Im weitesten Sinne kann zwar jedes Spannen als elastisch bezeichnet werden, da jeder Körper federt, im engeren Sinne werden aber nur Spannungen, bei denen die Spannkraft ohne Rücksicht auf das Spannmaß unverändert bleibt, elastisch genannt [SCHR 69,63]. Bei elastischen Spannungen ist eine vergleichsweise geringe Kraft nötig, die vorzugsweise durch Federkraft, Saugluft, Druckluft, Drucköl oder Magnetkraft erzeugt wird.
Kompliente Systeme sind eine Untergruppe der Toleranzausgleichssysteme, zu denen auch sensorisch geregelte Systeme gezählt werden können, wie zum Beispiel das meist am Ende eines Roboterarms angebrachte RAA-System (remote axis admittance), das als ferngesteuerter Achsenausgleich beim Fügen von Teilen Feinbewegungen ausführt. Derartige Aktoren, Sensoren und Steuerungen werden strenggenommen nicht zu den komplienten Systemen gezählt [MILB 94,22].
Ausgehend von handelsüblichen Konstruktionen werden hier zwei Konzeptvorschläge zur technischen Realisierung dieser Prinzipien vorgestellt:
Bei Fertigungssystemen in der Lasermaterialbearbeitung resultieren aus den gleichen Eingangs- und Störgrößen immer die gleichen Ausgangsgrößen. Die Störgrößen sind jedoch nicht immer erfassbar und beeinflussbar, so dass die Ausgangsgrößen des Systems variieren können. Die Arten von Störgrößen in der Lasermaterialbearbeitung lassen sich in systembedingte, prozessbedingte und systemunabhängige Störgrößen einteilen [DIEP 89,13]:
• Statische Kräfte
• Dynamische Kräfte
• Prozesswärme
• Erschütterungen
• Temperaturschwankungen
• Werkstückfehler
• Programmfehler
Durch die Einführung komplienter Systeme kommt es zu einer Kompensation der Toleranzen: Positions- und Winkelabweichungen werden durch passive Nachgiebigkeit ausgeglichen. Die Toleranzkette setzt sich zusammen aus der Summe der Positionsabweichungen der Fügepartner, den Werkstücktoleranzen (Form- und Lagetoleranzen) und den Positionsfehlern des Montagesystems, die durch Wiederholgenauigkeit, Positioniergenauigkeit und Bahnabweichung des Roboters sowie durch die Spanngenauigkeit beeinflusst werden [LEIS 89,9].
• Positioniergenauigkeit des Roboters
• Bahnabweichung des Roboters
• Wiederholgenauigkeit des Roboters
• Formtoleranzen
• Lagetoleranzen
• Off-line-Programmierung statt Teach-in
• Spanngenauigkeit
Um Wirtschaftlichkeit und Prozesssicherheit bei der Fertigungsautomatisierung zu gewährleisten, sind beherrschbare und möglichst einfache Betriebsmittel zu verwenden. Kompliente Systeme erfüllen diese Aufgabe, weil sie es ermöglichen, Toleranzen auf einfache Weise auszugleichen und komplexe Bewegungsabläufe zu vereinfachen [MILB 94,26].
Um homogene Schnittfugen oder Schweißnähte mit guter Qualität zu erzielen, muss unter anderem die Streckenenergie während des Bearbeitungsvorganges konstant gehalten werden. Das erfordert im
Bereich enger Radien Ausgleichsbewegungen des Strahlführungsroboters, die dessen kinematische und dynamische Fähigkeiten oft übersteigen. Durch eine gleichzeitige Bewegung von Strahlwerkzeug und
Werkstück könnte die Komplexität der Roboterbewegung reduziert werden und möglicherweise die Bearbeitungsgeschwindigkeit gesteigert werden, indem durch die Werkstückbewegung Positionierfehler des
Roboters ausglichen werden.
Durch kompliente Systeme kann der Toleranzbereich, in dem die Roboterbahn verlaufen muss, vergrößert werden [MILB 94,28]. Das bringt wesentliche Vorteile bei der Bahnprogrammierung: Um die
Lasermaterialbearbeitungsanlagen durch CAD/CAM-Koppelung zeitoptimal zu nutzen, wird oft die Offline-Programmierung statt eines nebenzeitintensiven Teach-Vorganges eingesetzt. Die
Offline-Programmierung ist aber in den meisten Fällen ohne sensorgestützte Korrektur der Bahnfehler des Roboters und der Geometrie- und Lageabweichungen des Werkstücks nicht möglich [GARN 92,32].
Kompliente Systeme können die hohen Investitionskosten für die Sensorik reduzieren oder vermeiden.
Die durch Komplienz mögliche Reduzierung von NC-Achsen spielt in der 3D-Lasermaterialbearbeitung momentan wegen der geforderten Zugänglichkeit eine nur untergeordnete Rolle. Eher geht der Trend
in Richtung einer siebten Achse am Knickamroboter, entweder um diesen auf dem Boden linear zu verfahren oder um mit einer Drehachse am Handgelenk das Führen einer Andrückrolle zu erleichtern bzw.
das Schneiden von Löchern zu vereinfachen.
Toleranzabweichungen können auf vier unterschiedliche Arten ausgeglichen werden: aktiv, passiv, durch Fügestrategien und durch eine Kombination dieser Methoden:
• Optische Sensoren
• Kapazitive Sensoren
• Taktile Sensoren
• Pneumatische Sensoren
• Nachgiebige Elemente
• Luftanströmung
• Vibration
• Magnettechnik
• Luftlagerung
• Translation und Rotation
• Translation und Kippung
• Translation und Kreisbewegung
Nachgiebige Spannvorrichtungen werden in der Lasermaterialbearbeitung bisher noch selten eingesetzt. Aufgrund ihrer prinzipiellen Vorteile besteht hier ein signifikanter Forschungsbedarf. Die nachgiebige Spannvorrichtung kann zwei Aufgaben übernehmen: Zum einen kann sie die genaue Positionierung der Bauteile untereinander gewährleisten, indem durch die Spannkraft definierte Spaltdicken erzeugt werden, zum anderen kann sie zur relativen Positionierung der Bauteile in Bezug auf den Laserstrahl eingesetzt werden.
Die Nachgiebigkeitselemente können bei komplienten Spannvorrichtungen auf zwei unterschiedliche Arten angebracht werden:
Der Laserschweißkopf läuft in beiden Fällen entlang einer rigide geführten Bahn und drückt die Werkstücke über die obere Andrückrolle in die optimale Position. Durch die untere Klemmrolle können die Werkstücke zum einen an der Bearbeitungsstelle aufeinander gepresst werden, zum anderen können damit Zugkräfte des Roboters auf die Werkstücke übertragen werden. Um unterschiedliche Blechdicken zu bearbeiten und um die relative Lage der Bleche auszugleichen, müssen die Rollen auch gegeneinander verschiebbar sein, das heißt die untere Rolle muss gefedert werden.
Von der Firma ITT -Control Technologies EMEA in Bad König werden Enidine Drahtseilfedern angeboten. Sie lassen bei niedriger Bauhöhe eine gleichzeitige Dämpfung in mehreren Richtungen zu. Sie zeichnen sich, weil sie aus rostfreiem Stahl gefertigt werden, durch Korrossionsbeständigkeit, Wartungsfreiheit und weitgehende Temperaturunempfindlichkeit aus. Während .bei herkömmlichen Drahtseilfedern die Seile über eine reibschlüssige Verbindung zwischen zwei Aluminiumstäben geklemmt wurden, werden sie bei Enidine mit einem temperaturstabilen Verguss formschlüssig in ein Vierkant-Stegrohr eingegossen.
Bei der Konstruktion von nachgiebigen Vorrichtungen kann ausgenutzt werden, dass Drahtseilfedem unterschiedliche Nachgiebigkeiten in Abhängigkeit von der Belastungsrichtung haben. Damit kann in der waagerechten Ebene die größte Nachgiebigkeit erzielt werden. Bei Druckbelastung in vertikaler Richtung liegt dabei eine um 40 % höhere durchschnittliche Federsteifigkeit c als bei Scher- und Verwindungsbelastung, hier in horizontaler Richtung, vor.
Von der Firma Jarret werden Rotationspuffer angeboten, bei denen ein hochsviskoses Elastomer - im Bild weiß dargestellt - durch einen Spalt zwischen Rotor und Stator durchgepresst wird. Diese Puffer dienen ausschließlich der Dämpfung, weil keine Rückstellmomente erzeugt werden. Die Rückstellung muss daher bei diesem Konzept, wie hier gezeigt, durch die Schwerkraft oder durch eine Drehstabfeder erfolgen [JARR 92,8].