FSW/FSSW im Automobilbau


Friction Stir Welding wird im Automobilbau von vielen OEM-Fahrzeug-Herstellern und deren Zulieferern eingesetzt.

 

Eine der frühesten Entwicklungen befasste sich 1999 mit 'Tailor Welded Blanks' (siehe Video).


Tailor Welded Blanks sind ebene Bleche, die aus unterschiedlich dicken Blechen oder aus unterschiedlichen Werkstoffen zusammengeschweißt werden. Nach dem Schweißen werden sie mit dem Tiefziehverfahren zu Karosseriebauteilen umgeformt.

 

Bei einem von mehreren Industriefirmen geförderten Projekt der Forschungsinstitute EWI in Columbus, Ohio, und TWI in Cambridge, Großbritannien, untersuchten die Firmen, BMW, DaimlerChrysler, GM, Ford, Rover, Tower Automotive und Volvo 1999 das Rührreibschweißverfahren für das bis dahin noch nicht übliche Verschweißen unterschiedlicher Blechdicken. 

 

Bleche  mit 1,5 mm und 3,0mm Dicke wurden nebeneinander auf einer um 9° schräggestellten Spannvorrichtung aufgespannt und mit einem ebenfalls um 9° geneigten FSW-Werkzeug verschweißt. Mit der großen, modular aufgebauten FSW-Maschine des TWI wurden Innenpaneele von Kraftfahrzeugtüren umgeformt. Diese wurden anschließend von BMW umgeformt. Die damit erzielbare 30 prozentige Gewichtseinsparung war eindrucksvoll: 1,5 kg weniger Gewicht pro Tür im Vergleich zu Stahlblechen.

 

Anwendungen im PKW-Bau:

  • Heckklappen und Türen in japanischen Autos
  • Felgen in Australien, China und Norwegen
  • Batteriekästen in französischen und deutschen Elektroautos

Im Lastwagenbau: 

  • Kipper und Ladebordwände
  • Teleskopkräne und Leitern von Feuerwehrfahrzeugen
  • Tanks von Silo-Aufliegern 

Publizierte industrielle Anwendungsfälle von FSW und FSSW im Automobilbau

Friction stir welded aluminium panel by Riftec and HAI for the Mercedes SL - R231

FSW-Paneel von Riftec und HAI für den Mercedes SL - R231 auf einem Messestand

© AluStir, 2018

   

Folgende Anwendungen des Rührreibschweißens bzw. Rührreibpunktschweißens in der Automobilindustrie wurden bisher veröffentlicht:

  • 2020 Tesla Model Y (Octovalve und Batteriegehäuse)[9][10]
  • 2020 Rapid Technic AG für Designwerk AG (Batteriekühlplatte für E-LKWs)[28]
  • 2018 Morgan Aero 8 (Komplexes HFQ®-Paneel mit variabler Dicke (Tailor Welded Blank: 3-2-3mm, siehe unten)[5][6]
  • 2017 TWB Company für Ford (Tailor Welded Blanks für inneres Tür-Paneel)
  • 2017 Ningde Tianming New Energy Auto Parts (Batteriepack-Box und Gehäuse)[22]
  • 2015 Acura TLX (cast-aluminum and steel 'hybrid' front subframe)[35]
  • 2013 Honda Accord (Vorderes Chassis-Rahmenteil, Front Subframe)[1][4]
  • 2012 Mercedes SL - R231 (Tailor Welded Blank und drei Hohlprofile auf beiden Seiten des Getriebetunnels, siehe oben)[4][7][27]
  • 2012 Land Rover L405 (Rahmenteil-Aufhängungen, Subframe Mounts)[4]
  • 2012 Benteler (Batteriewanne für Renault Zoé)[17][18]
  • 2011 Audi (Hybridrad-Technologie)[36]
  • 2011 McLaren 12 C (Strukturbauteil)[2]
  • 2010 Toyota Prius (Heckklappe, FSSW)[1]
  • 2008 Delphi Automotive (Abgedichtete Gehäuse und Wärmetauscher für BMW und Chrysler)[14]
  • 2008 Fundo Wheels (Alu-Felgen für den Volvo XC 90)
  • 2007 Riftec für Audi (B-Säule des Audi R8 Spyder)[1][15]
  • 2006 Mazda MX-5 Miata (Motorhaube und Kofferaumklappe)[1][23][24][25]
  • 2005 Ford GT (Mitteltunnel des Space Frame)[1]
  • 2005 Pierburg (AGR-Kühler)[11]
  • um 2005 Showa Denko (Spurstangen)[19]
  • um 2004 Simmons Wheels und UT Alloy works (Alu-Felgen)[20]
  • 2004 Mazda RX-8 (Hintere Türen und Fronthaube)[1][8][23][24][25]
  • 2003 Panoz Esperante (Strukturbauteil)[3]
  • 2003 Lincoln Town Car L (Spurstangen aus Strapressprofilen)[1][21]
  • 2001 Volvo V70 (Rücksitzlehne)[1]

Audi

Audi führte 2011 die rührreibgeschweißte Hybridrad-Technologie ein, bei der das Felgenbett und der Radstern einzeln hergestellt und dann mit dem  Rühreischweißverfahren (Friction-Stir-Welding) miteinander verschweißt werden. Dadurch können selbst große Räder unter 10 Kilogramm Gewicht bleiben – ein Vorteil von mehr als 2 Kilogramm pro Rad.[36]

20-Zoll-Rad im Zehn-Parallelspeichen-Design für den Audi A8

© Audi, 2012


FSW-Entwicklungsstudien im Automobilbau

Abschreckumformen von FSW-Halbzeugen

Abschreckumformen (nicht-isothermes Warmumformen oder Hot Form Quenching) eines rührreibgeschweißten Zusammenbauteils
Abschreckumformen eines rührreibgeschweißten Zusammenbauteils. Courtesy of TWI Ltd

In dem staatlich geförderten Projekt LightBlank wurden von Impression Technologies Ltd, PAB Coventry Ltd, dem Imperial College of London, Bombardier Transportation, Bombardier Aerospace, der Morgan Motor Company Manufacturing und TWI Ltd rührreibgeschweißte Halbzeuge aus Aluminiumlegierungen hergestellt, die mit einem neuen Stanzverfahren namens Hot Form Quenching (HFQ) geformt werden. Das HFQ ist ein Abschreckumformverfahren, das auch als nicht-isothermes Warmumformen bekannt ist. Es kombiniert das Lösungsglühen, Stanzen, Abschrecken und künstliche Altern: Das Blech wird auf Lösungsglühtemperatur erhitzt und dann im kalten Werkzeug umgeformt und dadurch abgeschreckt. Damit können komplexe Aluminiumblechbiegeteile geformt werden, wobei die Eigenschaften des Ausgangsmaterials wiederhergestellt werden. Durch das Reibrührschweißen (FSW) werden viele Probleme vermieden, die beim Verbinden von Aluminium mit traditionellen Verfahren auftreten. 

Rühreibgschweißtes und nicht-istothermisch warmgeformtes Fahrzeugteil (englisch FSW-HSQ = Friction Stir Welding & Hot Form Quenching)
Rühreibgschweißtes und abschreckumgeformtes Fahrzeugteil. Courtesy of TWI Ltd

Mit dem entwickelten FSW-HFQ-Verfahren wurde ein Prototyp eines Cross-Members des Sportautos Morgan Aero 8 hergestellt. Das Ersetzen des Hauptelements des Querträgers durch einen FSW-HFQ-Zusammenbau reduzierte das Gewicht der Baugruppe um 32%. Zusätzlich enthielt das neue optimierte Design acht (statt elf) Teile, von denen fünf im selben Arbeitsgang von HFQ gepresst werden können. Dies trug zu einer erheblichen Reduzierung der Fertigungs- und Montagevorlaufzeiten bei. Eine vorläufige wirtschaftliche Bewertung zeigt, dass die Herstellungskosten für die neue Baugruppe um 37% niedriger sind, wenn eine jährliche Charge von 1000 Einheiten angenommen wird.

Morgan Aero 8 neben einem FSW-HFQ-Prototyp (Friction Stir Welding & Hot Form Quenching) im TWI Ltd
Morgan Aero 8 neben einem FSW-HFQ-Prototyp (Friction Stir Welding & Hot Form Quenching). Courtesy of TWI Ltd

Nach dem erfolgreichen Abschluss dieses Projekts enthüllten Vertreter von Morgan im TWI-Hauptsitz in Cambridge offiziell einen Prototyp des Bauteils, das dort seitdem ausgestellt wird.

Lotus Engineering Inc: Gewichtsreduzierung eines seit 2020 produzierten Crossover-Fahrzeugs, 2012

Lotus Engineering Inc. erstellte 2012 ein theoretisches Modell und analysierte das Struktur- und Aufprallverhalten einer massearmen Fahrzeugkarosserie im Auftrag und im Rahmen eines Vertrags mit dem California Air Resources Board (ARB) in einer Studie zum Thema "Evaluating the Structure and Crashworthiness of a 2020 Model-Year, Mass-Reduced Crossover Vehicle Using FEA Modeling".[34]

   

Lotus Engineering ent­wickelte ein Fahrzeug, das mit dem Toyota Venza aus dem Jahr 2009 vergleichbar war; dieses Modell hatte äquivalente Abmessungen, Nutzwertziele sowie Passa­gier- und Innenraum­volu­men. Die prognostizierte Massenreduzierung für das Modelljahr 2020 betrug 38 % weniger Masse für alle Systeme außer dem Antriebsstrang.[34]

    

Benchmark: 2009-2011 Toyota Venza

Courtesy of IFCAR, public domain

    


Roboter Prozess[34] Zeit Zeit
Roboter SA70R10

End-Effektor ablegen 

und Friction-Stir-Modul aufnehmen

16 sec  
Roboter SA70R10 Friction Stir an 10 Stellen   10 sec
Roboter SA70R10 Friction Stir an 12 Stellen   12 sec
Roboter SA70R10 Friction Stir an 6 Stellen   6 sec
Roboter SA70R10

Friction-Stir-Modul ablegen 

und End-Effektor aufnehmen

16 sec  
Roboter SA70R20

End-Effector ablegen und

Friction-Stir-Modul aufnehmen

15 sec  
Roboter SA70R20 Friction Stir  an10 Stellen in Station SA70-40   8 sec
Roboter SA70R20 Friction Stir an 25 Stellen in Station SA70-40   30 sec
Roboter SA70R20

Friction-Stir-Modul ablegen und Widerstandsschweißzange aufnehmen[TBC ?]

15 sec   

Summe

 

Exckusive Materialhandhabungszeit 62 sec   66 sec

Keio University: Eliica  (Electric Lithium-Ion battery Car), 2003

2003 Eliica  (Electric Lithium-Ion Battery Car) der Keio University 

© AnetodeCC BY-SA 3.0
 
  

Weitere Studien zu FSW und FSSW im Automobilbau

  • 2015 Tailor Welded Blanks aus 1,2 mm und 2,0 mm dicken AA5182-O Blechen bei 3 m/min von Pacific Northwest National Laboratory, General Motors, Alcoa und TWB Company LLC.

  • 2004 Dachgepäckträgergehäuse aus einer nichtbrennbaren Magnesiumlegierung am Material Reserch Institute for Sustainable Development, Hyogo Prefectural Institute of Technology und Sakurai Industries Co., Ltd.

Einzelnachweise

  1. K.C. Colwell: Two Metals Enter, One Leaves: The Miracle of Friction Stir Welding. Expect to see more of this technique used in vehicle construction moving forward. 15. Mai 2013.
      
  2. Kuka: Component, Cell, Solution & Service from one Single Source.
      
  3. C.B. Smith, J.F. Heinrichs, W. A. Crusan (Friction Stir Link) and J. Levereett (Panoz Auto Development): FSW stirs up welding process competition. 2003. 
       
  4. Friction Stir Welding new technology and repairability. Thatcham Insight - Automotive insight for Members, Nr. 5,  Januar 2013 (auch auf DocPlayer).
       
  5. TWI combines heritage with innovation for the Morgan Motor Company. 17. Juli 2018.
       
  6. HFQ® Friction Stir Welded (FSW) Cross Member.
       
  7. Amarilys Ben Attar: FSW Generalities and activities at Institut de Soudure.
       
  8. John Sprovieri: Friction Stir Spot Welding. Assembly Mag, 7. April 2016 (siehe auch pdf-Datei). 
     
  9. Munro Live: Model Y, E(pisode) 23 - Octovalve Manufacturing Processes, HVAC Summary, 3D Printing, Patreon Giveaway.
       
  10. Lynn Brown: Dismantling and Analysis of Vehicles to Develop Optimal Applications. 25. February2019.
       
  11. Success Story, 3D friction stir welding and deburring of complex aluminium die-cast components, Pierburg AG.   
       
  12. Uwe Krawinkel & Oliver Thomer: Friction stir welded exhaust gas recirculation coolers. ATZproduktion worldwide, Band 2, 2019, S.14–17.
       
  13. Mazda Develops World's First Steel and Aluminum Joining Technology Using Friction Heat. 2. Juni 2005.
       
  14. Welding method yields leakproof joints - Delphi Automotive. Automotive News, 14 OKtober 2013, S. 34.
       
  15. Axel Meyer: Lightweighting Technology Selection Based on a Material and Process Benchmark - An Aluminium Extrusion Case Study Successfullly Transferred into Series Production. Automotive Lightweight Procurement Symposium, 5-7 October 2014 in Düsseldorf.
       
  16. A. F. von Strombeck, Rührreibschweißen von Hohlkammerprofilen. Lightweight Design 6,  2012, p. 44–47. 
       
  17. TRA-C industrie devient leader européen dans la définition, la réalisation et la mise en place de solutions intégrées de soudage FSW. Soudage et techniques connexes, Vol 67, N° 95/06, May/June 2013.
       
  18. TRA-C Industrie devient leader Europeen dans la definition, la realisation et la mise en place de  solutions integrees du soudage par friction. Dossier de presse 2013.
       
  19. Wayne M. Thomas, Stephan W. Kallee, David G. Staines and Peter J. Oakley: Friction Stir Welding - Process Variants and Developments in the Automotive Industry. 2006 SAE World Congress, 3-7 April 2006, Cobo Center, Detroit, Michigan, USA.
       
  20. Stephan W. Kallee: Friction Stir Welding in Series Production. Translation of German article published in 'Automobil Produktion', December 2004.
       
  21. Stephan W. Kallee, John M. Kell, Wayne M. Thomas und Christoph S. Wiesner: Development and Implementation of Innovative Joining Processes in the Automotive Industry.  DVS Annual Welding Conference 'Große Schweißtechnische Tagung', Essen, Germany, 12-14 September 2005.
       
  22. Company profile of Topmaths Electronic Technology Co Ltd.
       
  23. Mazda Develops World’s First Steel and Aluminum Joining Technology Using Friction Heat. 2 June 2005
       
  24. Friction Heat Welding - Mazda has developed the world's first direct spot joining technology to join steel and aluminum.
       
  25. Mazda Develops Steel and Aluminum Joining Technology Using Friction Heat. 1 June 2005.   
       
  26. Applications of friction stir welding. American Welding Society. 8 November 2019.
       
  27. 2012 International Aluminum Extrusion Design Competition: Grand Prize: Floor Panel Structure for Mercedes Benz SL by Harald Heinemann from Martinrea Honsel GmbH and Günther Johanntokrax from Mercedes Benz AG.
       
  28. Rapid Technic AG: E-LKW mit Rapid Kühlplatte - Wir gratulieren unserem langjährigen Kunden Designwerk für den nationalen Prix Watt d'Or! 10. Januar 2020.
        
  29. TRA-C Industrie mise sur le soudage FSW. Soudage et techniques connexes, Sept/Okt 2017, Band 71, Nr. 09/10, ISSN 0246-0963.
       
  30. Michael W. Danyo (Ford), Dawn Stubleski (TWB Company) and Beck Oiness (Ford): Aluminum Linear Friction Stir Welded Blanks
     
      
  31. Kunkel, G.A. and Y. Hovanski, From the Lab to Your Driveway: Aluminum Tailor-Welded Blanks. Welding Journal, 2016. 95(8): S. 36-39.  (mit Bildern vom GM door inner panel)
       
  32. Hovanski, Y., et al., High-Speed Friction-Stir Welding to Enable Aluminum Tailor-Welded Blanks. Jom, 2015. 67(5): S. 1045-1053.  (development for GM door inner panel)
       
  33. Hovanski, Y.L., T.; Marshall, D.; Upadhyay, P., High Volume Production Validation of Aluminum Tailor-Welded Blanks, in 5th International Conference on Scientific and Technical Advances on Friction Stir Welding & Processing. 2017: Metz, Frankreich.   (Ford Expedition rear door supports).
       
  34. Lotus Engineering Inc: Evaluating the Structure and Crashworthiness of a 2020 Model-Year, Mass-Reduced Crossover Vehicle Using FEA Modeling. 31. August 2012. S. 36.
       
  35. Honda Media Newsroom: 2015 Acura TLX - Chassis. 4 August 2014.
       
  36. Audi Technology Portal: Räder. Stand: 2011.
          
  37. Michael Paffhausen: Rührreibschweißen mit einem Industrieroboter unter Berücksichtigung der Einsatzkriterien für die automobile Großserienfertigung. Schriften aus der Ilmenauer Fertigungstechnik, Band 13, 2022.